TRANSgender DAY OF REMEMBRANCE

Am 20. November wird jährlich der Transgender Day of Remembrance (TDOR) zum Gedenken an die Opfer transfeindlicher Gewalt begangen.

Maria

Maria ist selber nicht trans, dennoch erlebte sie am eigenen Leib, welche Ausmasse Transfeindlichkeit annehmen kann.

Maria arbeitet als Heilpädagogin in der Stadt Zürich. Zu ihrer Arbeit gehört die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Es ist ihr wichtig, die Kinder mit ihren Anliegen und Bedürfnissen ernst zu nehmen. Vor einiger Zeit übernahm sie im Rahmen der integrativen Förderung die Arbeit mit einem 11jährigen Kind. Fachleute beschrieben das Kind als schwieriges Mädchen mit grossen Wissenslücken und Konzentrationsproblemen. Maria versuchte den Gründen auf die Spur zu kommen und baute eine vertrauensvolle, professionelle Beziehung zum Kind und zu den Eltern auf.

Kurz vor einem Klassenlager liess das Kind erkennen, es würde sich in einem Jungenzimmer wohler fühlen. Die Klassenlehrerin und Maria nahmen das Kind ernst, stiessen aber auf Widerstände aus dem Lehrer_innenteam. Doch das Eis war gebrochen und das Kind äusserte schliesslich den Wunsch, als Junge angesprochen und wahrgenommen zu werden. Maria und die Klassenlehrerin unterstützten ihn weiter, waren aber mit immer grossen Widerständen seitens der Schulleitung konfrontiert. Die anderen Kinder hingegen schienen ihren Klassenkameraden als Jungen voll und ganz akzeptiert zu haben. Die Schulleitung wünschte eine psychologische Abklärung des Kindes, was aus heilpädagogischer und aus Sicht der Beratung mit Transgender Network Switzerland nicht nötig war. Doch die Schulleitung blieb hartnäckig und auch die Anfeindungen der Lehrpersonen waren frappant. Die Klassenlehrperson, welche den Jungen tatkräftig unterstützt hatte, wurde inmitten des Schuljahres abgesetzt. Ihr wurde dann eine gleichwertige Arbeit (Mittelstufenklasse) verweigert und eine Stelle an der Unterstufe zugewiesen. Maria organisierte einen runden Tisch: unterstützt von der Rechtsberatung des Transgender Networks und der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich erkämpfte sie einen kleinen Erfolg für den Jungen. Ihm wurde schriftlich zugesichert, dass er so akzeptiert werde, wie er sich fühle und dass er jederzeit Zugang zu einer für ihn gewünschten Toilette haben muss. Besserung in Sicht? Fehlanzeige. Die Situation spitzte sich weiter zu. Trotz der Vereinbarung wurde verhindert, dass der Junge die Jungentoilette nutzen konnte. Nach dem Turnunterricht platzte zum Beispiel der Hauswart in die Umkleiden und kontrollierte, dass der Schüler nicht zu den anderen Jungen konnte. Gleichzeitig hetzte die Schulleitung in alle Richtungen gegen Maria. Nicht nur warf sie ihr Unprofessionalität vor, sie log gleichzeitig die Eltern des Jungen an und behauptete, auch Maria hätte gemeint, er solle psychologisch abgeklärt werden.

Eine absurde Situation. Maria wehrte sich, worauf ihr nahegelegt wurde, die Stelle zu wechseln. Schlussendlich wechselte sie in eine andere Schule. Was blieb, waren Ärger, Unverständnis, Zweifel am Funktionieren des Rechtsstaates und nicht zuletzt pure Angst um den Jungen. Maria hatte durch den abrupten Stellenwechsel keine Möglichkeit, sich vernünftig von den Kindern zu verabschieden. Ihre Sorge um den Jungen war nicht unbegründet: Seine Eltern teilten ihr mit, dass er sich, kurz nachdem er von ihrer Versetzung erfahren hatte, mehrere Knochenbrüche zuzog.

*Name geändert